Bärtige, langhaarige Männer wiegen sich im Takt. Süßlich-herbe Schwaden und schwere Gitarrenriffs drücken zu Boden. Eine Flöte schneidet in die Wahrnehmung. Frauen in Schlaghosen tanzen mit geschlossenen Augen. Wir befinden uns im Jahr 2014 – und offensichtlich sind die 70er auch mal wieder da. Wie in der Mode, bricht sich auch die Musik regelmäßig einen Weg aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Daniel Kirschey stellt drei interessante Gruppen des Retro-Rocks vor.
Den Anfang macht Blood Ceremony. Die kanadische Band gründet sich 2006 in Toronto und bringt zwei Jahre später die erste Platte heraus. Der Sound der Gruppe orientiert sich eindeutig an alten Scheiben von Jethro Tull und Black Sabbath.
Das Besondere an Blood Ceremony ist das Zusammenspiel der Gitarrenriffs von Sean Kennedy mit der Flöte und dem Gesang von Alia O'Brien. Gerade ihre Soli erinnern an das Flötenspiel des Schotten Ian Anderson. Aber nicht nur die Musik lehnt sich an den Stil vergangener Zeit an. Auch im visuellen Bereich stehen die 70er, Okkultismus und alte Horrorstreifen Pate. So gelingt es Blood Ceremony in ihrer Gesamtdarstellung an alte Zeiten anzuknüpfen.
In Deutschland ist ebenfalls der Retro-Rock angekommen. Die Berliner Gruppe Kadavar existiert erst seit 2010, doch schon sind sie in der Szene mit nur zwei Alben sehr bekannt. Ihre erste Platte, die schlicht den Bandnamen als Titel trägt, ist schon vor Veröffentlichung ausverkauft. Grund dafür sind wohl die vielen Konzerte, bei denen Kadavar gut ankommen. Ihr Stil ist ebenfalls durch Black Sabbath beeinflusst. Doch hört man auch Space-Rock und Proto-Metal wie etwa Hawkwind heraus.
Dabei greifen die Berliner nicht nur im Stil auf die 70er zurück, sondern auch mithilfe der Technik. Um einen überaus genaue Reproduktion des speziellen Sounds zu erreichen, spielt die Gruppe ihre Alben mit originalgetreuen Instrumenten und der entsprechenden Technik ein. Das fällt vor allem dann sofort auf, wenn man ein Album der Band über Kopfhörer hört. Die Gitarre dröhnt aus der einen Seite und der Bass aus der anderen. So ist selbst die Mischung der Platte "alt".
Aus England stammt die letzte Gruppe, die hier vorgestellt wird. Uncle Acid & the Deadbeats sind ein ganz eigenes Phänomen. Im Jahr 2009 erblickt die Gruppe in Cambridge das Licht. Schon ein Jahr später erscheint das erste Album "Volume 1" im Selbstvertrieb. Doch schon die zweite Platte "Blood Lust" macht Uncle Acid berühmt. Das Label Rise Above zeigt sich interessiert und übernimmt die Veröffentlichung. Der Sound der Band ist so abstrus, dass sie schnell einen kultigen Status in der Szene erreichen.
Anstatt sich nur auf die 70er zu beschränken, nimmt Uncle Acid noch eine große Portion der 60er mit hinzu. Um einiges psychedelischer und mit weinerlichem Gesang ist – neben den obligatorischen Black Sabbath – auch Alice Cooper im Stil wiederzufinden. Dann natürlich noch ein wenig von den Garage Bands aus den 60ern und die Mixtur gebiert Uncle Acid. Die Mischung ist so erfolgreich, dass die Gruppe 2013 Black Sabbath auf deren Tour für das neue Album "13" als Vorgruppe dienen konnte. Das spricht für sich.
Die Retro-Welle bricht nicht ab. Immer mehr Gruppen entdecken den Stil und Sound der Musiker aus den vergangenen Jahren. Und vor allem die 60er und 70er scheinen eine immense Inspiration für sie zu sein. (dk)